Anti-Atomkraft

Deutsche Industrie im Rüstungsgeschäft

Produktion konventioneller Waffen – Vorspiel für atomare Rüstung?

(Conrad Taler)

„Es gibt wohl kaum jemanden in Deutschland, der sich gegen die Demontage wirklich kriegswichtiger Industrien wendet.“ Mit diesem Satz erweckte Konrad Adenauer am 20. September 1949 in seiner ersten Regierungserklärung den Eindruck, als betrachte die soeben aus der Taufe gehobene Bundesrepublik Deutschland die Beachtung der von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges beschlossenen Abrüstungsverpflichtungen als eine selbstverständliche Pflicht.

DEUTSCHE INDUSTRIE IM RUSTUNGSGESCHAFT

Zwanzig Jahre danach ist im Jahresbericht 1968/69 des Bundesverbandes der deutschen Industrie zu lesen: „Die außerordentlichen Erfolge unserer Industrie bei der Entwicklung des Kampfpanzers ‚Leopard‘ und des Kurzstarters Do 31 sowie die Leistungssteigerung bei konventionellen Waffenanlagen sind Beispiele dafür, daß die deutsche Industrie den Anschluß an die wehrtechnologische Entwicklung gefunden hat; sie wird ihr Können bei der Entwicklung neuer Kampf- Panzer und Kampfflugzeuge erneut unter Beweis stellen.“

Am 2. August 1945 erklärten die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges in ihrem Potsdamer Abkommen unter anderem: „Die Ziele der Besetzung Deutschlands … sind: Völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands und die Ausschaltung der gesamten deutschen Industrie, welche für eine Kriegsproduktion benutzt werden kann, oder deren Überwachung.“

Dreiundzwanzig Jahre danach betonte die Bundesregierung in einem Memorandum vom 9. April 1968 an den sowjetischen Botschafter in Bonn, Zarapkin: „Was die wiederholt geäußerten Auffassungen der sowjetischen Regierung über die Bedeutung der Potsdamer Abmachungen von 1945 betrifft, ist es nach Ansicht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland nicht ihre Sache, sich über Gültigkeit, Auslegung und Geltungsbereich von Vereinbarungen zu äußern, an denen sie nicht beteiligt ist.“

Am 5. Dezember 1949 versicherte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer in einer Presseverlautbarung, daß er „grundsätzlich gegen jede deutsche Wiederaufrüstung“ sei. Er betonte, daß „Deutschland seine ganze Kraft dem Wiederaufbau zuwenden müsse, besonders nach den schweren Verlusten an Menschenleben des vergangenen Krieges.“

Zwanzig Jahre danach verfügt die Bundesrepublik über die stärkste konventionell ausgerüstete Militärmacht Westeuropas und über einen Rüstungsetat von jährlich 18,8 Mrd. Mark.

Am 5. Dezember 1949 erklärte Konrad Adenauer: „Wenn überhaupt eine Aufrüstung erfolgen muß, dann kann sie nur mit amerikanischen Waffen vorgenommen werden.“

Zwanzig Jahre danach heißt es im Jahresbericht 1968/69 des Bundesverbandes der deutschen Industrie: „Zur Zeit werden nur etwa 25 bis 30 Prozent des Rüstungsmaterials im Ausland beschafft; diese Quote dürfte in den nächsten Jahren zunächst noch einmal leicht ansteigen, später jedoch weiter sinken.“ Hier soll nicht untersucht werden, welche Faktoren beim Aufstieg der Bundesrepublik von einem zur Entmilitarisierung verpflichteten Land zu einer hochgerüsteten Militärmacht eine Rolle gespielt haben. Es soll nur gezeigt werdenw, wie relativ rasch sich die Szenerie gewandelt hat und wie rasch sie sich demgemäß auch in der Folgezeit wandeln kann. Was heute noch unvorstellbar erscheint, nämlich der Sprung von konventioneller zu atomarer Bewaffnung, muß in den Bereich des Möglichen einbezogen werden; denn auch was jetzt ist, schien vielen einst unvorstellbar. …

Erschienen in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 11 (1969), S. 1169-1180.

 

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