Quintessenz
Die Quintessenz meiner Arbeit bestand in dem Wunsch, die Verantwortlichen für das, was während des Zweiten Weltkriegs und hinterher geschah, ein für alle Mal in der Versenkung verschwinden zu sehen. Nicht nur weil die Gerechtigkeit das verlangte, sondern auch weil ich das als Vorsorge für die Zukunft für notwendig hielt. Deshalb mein Kampf gegen das Vergessen, deshalb die Erinnerung an Auschwitz und an die Ursachen der Vertreibung.
Dass sich die Bundesrepublik Deutschland nicht unwiderruflich von den Schuldigen getrennt, sondern sie in Gnaden aufgenommen hat und ihnen, ausgerechnet ihnen, den Aufbau eines demokratischen Staates anvertraute und ihn damit, sicher ungewollt, mit dem Nazi-Ungeist infizierte, während seine Gegner von der Mitwirkung am Neuaufbau ausgeschlossen wurden, dass also eine Selbstreinigung niemals stattgefunden hat, das ist die Last, die ich mit mir herumschleppe.
Das kurze Gedächtnis der Menschen ist das Mistbeet, auf dem neues Unheil gedeihen kann.
Kurt Nelhiebel, April 2016
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Kurt Nelhiebel – Zum 90. Geburtstag
Mit Beiträgen von Rolf Gössner, Eva Hahn,
Kirsten Kappert-Gonther, Kurt Nelhiebel und Irmtrud Wojak.
Herausgegeben von Irmtrud Wojak.
München: BUXUS EDITION, 2018
ISBN 978-3-9817614-6-7