Im Jahr 2014 wurde Kurt Nelhiebel der Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon (Bremen) verliehen, im Jahr 2018 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
„Mit seinem antifaschistischen Antrieb engagiert sich Kurt Nelhiebel seit Jahrzehnten als Publizist und historisch-politischer Journalist unter anderem für die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus. Er tritt mit seinem beispielhaften Einsatz für Versöhnung und Völkerverständigung und gegen Rassismus ein. Ein Engagement, das hochaktuell und ganz besonders bedeutsam ist.”
Dr. Carsten Sieling, Bürgermeister der Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Sieling, lieber Herr Kniemeyer, verehrte Gäste!
Ich bedanke mich für die Glückwünsche und die freundlichen Worte. Ich danke allen, die diese Ehrung vorgeschlagen oder unterstützt haben, angefangen von meinem alten Freund Peter Walther aus Frankfurt, ehemals Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten, bis hin zur Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Kulturstaatsministerin Monika Grütters, und natürlich dem Präsidenten des Senats der freien Hansestadt Bremen, Carsten Sieling.
Für einen Journalisten ist eine staatliche Auszeichnung eine zweischneidige Angelegenheit. War er vielleicht zu zahm? Was mich betrifft, so hoffe ich, dass die Auszeichnung einer Sache zugute kommt: Dem Kampf gegen den Nazi-Ungeist in jedweder Form, der Erinnerung an die ermordeten Widerstandskämpfer und alle anderen Opfer des Naziterrors, dem Kampf gegen das Vergessen. Die Erinnerung ist kein Selbstzweck, sondern als Korrektiv für gegenwärtiges Handeln unverzichtbar.
Der deutsche Widerstand gegen das Naziregime war das einzige Guthaben, das unser Volk bei Kriegsende vorweisen konnte. Diese tapferen Frauen und Männer waren das moralische Fundament des demokratischen Wiederaufbaus. In der ersten Ausgabe des Weser-Kuriers vom 19. September 1945 legte der Herausgeber Wert auf die Feststellung, dass sich in der Redaktion – so wörtlich – „alle antifaschistischen Richtungen“ zu gemeinsamer demokratischer Arbeit zusammengefunden haben.
Leider geriet die dem Antifaschismus zugrunde liegende Idee unter die Räder des Kalten Krieges. Da gibt es Einiges nachzutragen in den Büchern und Lehrplänen zur deutschen Nachkriegsgeschichte. Als es Radio Bremen beim zweiten Versuch gelang, mich hierher zu holen, wurde ich als demokratisch unzuverlässig denunziert. Zum Glück legten sich bremischer Freiheitssinn und hanseatische Weltoffenheit wie ein schützender Mantel um mich. Sonst stünde ich heute nicht hier, um mich von dieser Stelle aus auch dafür zu bedanken, und mit Ihnen ein Glas auf eine hoffentlich friedliche Zukunft zu trinken.
Wenn später jemand fragen sollte, wo kam der Mann denn her,
der alle gern versöhnt sehn wollte, dann sagt ihm ungefähr:
Wo sich die Menschen einst vertrugen, wo Schwäche fand Applaus,
bevor die Eintracht sie erschlugen, dort war er einst zu Haus.
Wo blaue Berge sich erhoben
aus einem Wäldermeer,
wo sich zwei Welten eng verwoben, aus Böhmen stammt er her.
Bremen, den 18. April 2018